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Noch vor wenigen Jahren war das Metaverse das Buzzword der Tech-Welt. Mark Zuckerberg benannte sogar sein Unternehmen um, um die Vision einer allumfassenden virtuellen Welt zu untermauern. Analysten sprachen von Billionenmärkten, die Realität und Digitales verschmelzen lassen würden.
Doch heute scheint der Glanz verblasst. Kaum ein Unternehmen wirbt noch offensiv mit „Metaverse“, viele Start-ups haben ihre Projekte eingestellt, und die Nutzerzahlen in bestehenden Plattformen sind ernüchternd. Also: Ist das Metaverse tatsächlich tot – oder nur in einer Art Winterschlaf?
Der Aufstieg des Hypes
Das Metaverse versprach eine neue digitale Ära:
- Arbeiten in virtuellen Konferenzräumen statt in Zoom-Calls.
- Spielen in nahtlosen 3D-Welten, verbunden mit Augmented Reality.
- Shoppen im virtuellen Store, in dem Kleidung als NFT gleich am Avatar getestet werden konnte.
Die Vision war groß – aber genau darin lag auch das Problem: Sie war zu groß, zu früh, zu unscharf.
Warum der Absturz kam
- Überzogene Erwartungen
Die Marketing-Versprechen überholten die Realität. Nutzer erlebten leere Welten mit klobigen Avataren statt den fließenden Sci-Fi-Erfahrungen, die in Präsentationen gezeigt wurden. - Fehlende Standards
Ein echtes Metaverse hätte Interoperabilität benötigt – offene Plattformen, auf denen digitale Identitäten, Assets und Daten nahtlos übertragbar sind. Stattdessen entstanden isolierte Projekte ohne gemeinsamen Nenner. - Hardware als Flaschenhals
- VR-Brillen sind sperrig, teuer und nur für Enthusiasten attraktiv.
- AR-Lösungen sind technisch faszinierend, aber noch nicht massentauglich.
- Ohne benutzerfreundliche Geräte bleibt das Metaverse Nische.
- Kein Alltagsnutzen
Jenseits von Gaming fehlte die Killer-App. Viele Anwendungen wirkten wie ein technisches Experiment – interessant, aber nicht notwendig.
Von „Metaverse“ zu „Spatial Computing“
Während der Begriff „Metaverse“ an Strahlkraft verliert, tauchen neue Schlagworte auf. Besonders Apple hat mit der Vision Pro das Thema neu gerahmt: Spatial Computing.
Statt einer allumfassenden virtuellen Parallelwelt geht es hier um konkrete Anwendungsfälle:
- Remote-Zusammenarbeit in virtuellen Arbeitsräumen
- 3D-Visualisierungen für Architektur, Medizin oder Industrie
- Erweiterte Lern- und Trainingsumgebungen
- Entertainment und Gaming mit immersiver Qualität
Damit rückt der Fokus weg von der gigantischen Metapher „zweites Internet“ hin zu praktischen, greifbaren Szenarien.
Tot oder nur in Winterruhe?
Das Metaverse ist nicht verschwunden – es hat nur seinen Hype-Mantel abgelegt. Technologisch entwickelt sich vieles weiter, wenn auch unter neuen Vorzeichen:
- Virtual Reality wächst im Gaming-Segment stetig.
- Augmented Reality findet in Industrie und Ausbildung reale Anwendungen.
- Web3-Technologien (NFTs, Blockchain-Assets) werden zwar kritischer betrachtet, aber in Nischen weiterentwickelt.
Der große Unterschied: Statt von einer utopischen All-in-One-Welt spricht heute kaum noch jemand. Die Entwicklung geht in kleinen, spezialisierten Schritten.
Fazit
Das Metaverse in der Form, wie es 2021/2022 propagiert wurde, ist gescheitert. Aber die dahinterstehende Idee – die Verschmelzung von physischer und digitaler Welt – lebt weiter.
Wir erleben aktuell keinen Tod, sondern eher eine Phase der Ernüchterung und Neuausrichtung. Vielleicht ist der Winterschlaf sogar notwendig, um aus überhitzten Visionen echte, praxisnahe Innovationen zu formen.
Das Metaverse ist also nicht tot – es schläft. Und wenn es wieder aufwacht, wird es wahrscheinlich ganz anders aussehen, als wir es uns bisher vorgestellt haben.
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