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Das klassische Fernsehen galt schon oft als Auslaufmodell. Doch ganz tot ist es nicht – im Gegenteil: Während Streaming und Social Media das Sehverhalten verändern, behauptet sich das lineare Fernsehen als Live-Erlebnis und Teil eines neuen Medienmixes. Ein Blick zurück – von den Anfängen in der DDR und BRD bis zur Streaming-Zukunft.
1. Was ist eigentlich „lineares Fernsehen“?
Lineares Fernsehen bedeutet: Ein Sender sendet ein festes Programm nach Uhrzeit, und alle Zuschauer sehen dasselbe zur gleichen Zeit.
Das kann über Antenne, Kabel, Satellit oder Internet passieren – entscheidend ist die Ablauflogik, nicht die Technik.
Der Reiz liegt im „Jetzt“:
- Einschalten statt Scrollen
- Live-Events statt Auswahlstress
- Gemeinschaftsgefühl statt Algorithmus
Laut ARD/ZDF-Medienstudie 2025 sehen noch immer 74 % der Deutschen mindestens einmal pro Woche lineares Fernsehen.
Streamingdienste kommen auf 45 %, aber: Über die Hälfte der Sehdauer entfällt weiter auf Live-TV.
2. 1952: Zwei Fernsehanfänge – in Ost und West
Fernsehen ist in Deutschland eine doppelte Geschichte.
Und beide beginnen fast gleichzeitig – nur mit unterschiedlichen Zielen.
- 21. Dezember 1952: Der Deutsche Fernsehfunk (DFF) in der DDR startet regulär – pünktlich zum Geburtstag Stalins.
- 25. Dezember 1952: Vier Tage später folgt der NWDR in der BRD mit dem ersten westdeutschen Fernsehprogramm.
- 26. Dezember 1952: Die erste Tagesschau läuft im Westen.
Im Osten soll Fernsehen „bilden und erziehen“, im Westen „informieren und unterhalten“.
Doch in beiden Teilen wird es rasch zum neuen Medium des Alltags.
3. Fernsehen in der DDR – staatlich, kreativ, populär
Der DFF sendet zunächst nur wenige Stunden am Tag. Doch bald wird Fernsehen ein wichtiges Instrument der Kultur- und Informationspolitik.
- 1959: Das Sandmännchen entsteht – ursprünglich in Ost-Berlin. (Die westdeutsche Variante folgt kurz darauf.)
- 1969: Einführung des Farbfernsehens in der DDR, zeitgleich mit dem Start von DFF 2 – am 20. Jahrestag der Republik, dem 3. Oktober 1969.
- Trotz politischer Kontrolle entwickeln sich eigenständige Formate, z. B. „Der schwarze Kanal“, „Ein Kessel Buntes“ oder „Polizeiruf 110“.
- Viele Ostdeutsche schauen zugleich heimlich Westfernsehen – außer im „Tal der Ahnungslosen“ in Sachsen, wo der Empfang nicht möglich war.
Das DDR-Fernsehen wird so zu einer zweiten Realität: Teil der Propaganda – aber auch Fenster zur Welt.
4. Fernsehen in der BRD – Unterhaltung, Wettbewerb, Markt
Auch im Westen nimmt das Fernsehen Fahrt auf:
- 1. April 1963: Start des ZDF, das zweite bundesweite Programm.
- 25. August 1967: Offizieller Start des Farbfernsehens durch Willy Brandt auf der IFA in Berlin.
- 1984: Einführung des Privatfernsehens (RTL plus, Sat.1).
Fernsehen wird kommerziell, laut, kreativ – und erreicht neue Zielgruppen. - In den 1980ern entsteht die moderne Fernsehlandschaft: Shows, Serien, Nachrichten und der berühmte Samstagabend.
Während die DDR ihr Fernsehen zentral steuert, wird das westdeutsche TV zur Wirtschaftsmaschine – getragen von Quoten und Werbung.
5. 1990: Einheit auf dem Bildschirm
Nach der Wiedervereinigung endet am 31. Dezember 1991 das Programm des DFF.
Die Studios in Adlershof und andere Standorte gehen in den ARD-Verbund über, neue Sender wie MDR, ORB (später RBB) oder NDR übernehmen die Regionen.
Das vereinte Deutschland hat nun:
- zwei öffentlich-rechtliche Hauptsender (ARD, ZDF)
- regionale Dritte Programme
- und schnell wachsende Privatkanäle
Damit beginnt die Ära des modernen deutschen Fernsehens.
6. Vom Sendemast zum Stream: Die 2000er und 2010er
- 2002: Start des digitalen Antennenfernsehens DVB-T in Berlin – der Übergang von analog zu digital.
- 2008: Launch der ARD Mediathek – Fernsehen wird abrufbar.
- 2010: HbbTV verbindet Fernsehen und Internet per „roter Taste“.
- 2014: Netflix startet in Deutschland, Streaming wird Mainstream.
- 2019: Joyn bringt Live-TV und Streaming zusammen.
Ab jetzt zählt nicht mehr, wann etwas läuft, sondern wo man es findet.
7. 2024/25: Fernsehen wird wieder zur Entscheidung
Seit dem 1. Juli 2024 gilt das Ende des Nebenkostenprivilegs –
Kabel-TV wird nicht mehr automatisch über die Miete bezahlt.
Viele Haushalte müssen selbst entscheiden:
Bleibe ich beim klassischen TV oder gehe ich komplett online?
Das verändert die Branche:
Streaming, Mediatheken und IPTV legen zu, Kabel verliert.
Doch gleichzeitig steigt der Wert des „Live-Moments“.
8. Die Alternativen: Vier moderne Fernsehformen
| Kategorie | Beispiele | Besonderheit |
|---|---|---|
| Mediatheken | ARD, ZDF, RTL+ | Zeitversetztes Fernsehen, oft kostenlos |
| Streamingdienste (SVOD) | Netflix, Prime Video, Disney+ | Abo-Modelle, Personalisierung, Binge-Kultur |
| FAST-Channels | Pluto TV, Samsung TV Plus | Kostenlos, werbefinanziert, lineares Streaming |
| Social Video | YouTube, TikTok | Creator-getrieben, kurz, interaktiv |
9. Der wahre Unterschied: Kontrolle und Gefühl
Lineares Fernsehen bietet Struktur, Ritual und Gemeinsamkeit.
Streaming bietet Freiheit, Auswahl und Individualisierung.
Was früher ein technischer Unterschied war, ist heute eine Frage des Lebensstils:
- Will ich mich berieseln lassen – oder gezielt auswählen?
- Will ich live dabei sein – oder selbst bestimmen, wann?
Das Fernsehen spaltet sich nicht – es ergänzt sich selbst.
10. Die Zukunft: Drei Trends, die das Fernsehen prägen werden
1. Live wird König
Sport, Politik, Shows – alles, was „jetzt“ passiert, bleibt linear unschlagbar.
Der Livemoment ist die neue Währung.
2. Das Smart-TV als Startseite des Alltags
Streaming-Apps, Mediatheken, Live-Kanäle – alles vereint auf einer Oberfläche.
Fernsehen ist kein Sender mehr, sondern eine digitale Plattform.
3. Kostenlos schlägt Abo – dank FAST
Wer keine Lust auf Bezahlmodelle hat, bekommt mit FAST-Channels neue, kostenlose Kanäle mit klassischem TV-Gefühl.
Das Fernsehen lebt – es hat nur sein Format gewechselt
Das Fernsehen hat in Deutschland 1952 in Ost und West fast gleichzeitig begonnen –
als Experiment, als Massenmedium, als politische Bühne.
Heute ist es hybrid, vernetzt und interaktiv.
- Das DDR-Fernsehen war staatlich kontrolliert, aber kreativ.
- Das westdeutsche Fernsehen war wirtschaftlich geprägt, aber frei.
- Das heutige Fernsehen ist technisch grenzenlos – und doch vertraut.
Es verändert seine Rolle – vom Dauerprogramm zum Live-Highlight,
vom Pflichtmedium zur Option mit Geschichte.
Klar – hier ist eine verkürzte, blogtaugliche Quellenliste für den Artikel auf der-it-blog.de:
Quellen & weiterführende Informationen
- ARD/ZDF-Medienstudie 2025: Nutzung von linearem Fernsehen und Streaming in Deutschland.
www.ard-zdf-onlinestudie.de - Deutsches Rundfunkarchiv (DRA): Geschichte des Deutschen Fernsehfunks (DFF) und der Fernsehentwicklung in BRD und DDR.
www.dra.de - Bundeszentrale für politische Bildung: „Fernsehen in der DDR“ – Medienpolitik und Alltagskultur.
www.bpb.de - ZDF Unternehmenskommunikation: Relaunch der ZDFmediathek als Streaming-Portal (2025).
presseportal.zdf.de - Bundesregierung: Informationen zum Ende des Nebenkostenprivilegs (2024).
www.bundesregierung.de - Goldmedia Trendmonitor 2025: Entwicklung von FAST-Channels und hybriden TV-Formaten.
www.goldmedia.com

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