Alltagstauglichkeit: Für wen ist Joomla 6 aktuell geeignet?

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Architektur & Entwickler-technisch

  • Joomla 6 bringt laut Roadmap refaktorierte Pakete: so z. B. ein neues „Renderer“-Package (Unterstützung für Twig, Mustache, Blade), ein neues „Console“-Package für CLI-Anwendungen.  
  • Die Entwickler­dokumentation weist darauf hin, dass beim Wechsel zu einer neuen Major-Version Kompatibilitäts­bruch möglich ist („The Joomla project … full backward compatibility is guaranteed within a major series. … This technical debt can only be relieved in the first release of a new major series.“)  
  • In der offiziellen Release-Ankündigung zu Joomla 6.0 genannt: Child-Template für „Cassiopeia“ (Standard-Template), erweiterte Versionierung (Advanced Versioning), neue Felder (Date & DateTime), Batch-Tag-Removal im Backend, Mediamanager-Thumbnails für beliebige Dateitypen, Sprachdatei-Caching, Task-Runner-Funktionalität.  
  • Wichtiger Punkt: Das Plugin Behaviour ‑ Backward Compatibility 6 wurde eingeführt, um den Übergang von Joomla 5 → Joomla 6 zu erleichtern.  

Funktionalitäts- und User-Experience-Seite

  • Laut einer Vorschau („What’s new in Joomla! 6.0“) werden Verbesserungen genannt wie etwa: verbesserte Mehrsprachigkeit & Accessibility, Neuerungen im Menü-Manager, modernisierte API-Integration, Package-Manager-Optimierungen.  
  • Wichtig auch: Der Hinweis, dass das Upgrade von Joomla 5.4 auf Joomla 6.0 kein Migrations­sprung (im Sinne „ganz neu“) sein soll, sondern ein Upgrade innerhalb der Serie, da Joomla 5.4 bereits die Rückwärts­kompatibilitäts­mechanismen implementiert.  

Die Kompatibilitäts-Situation bei Drittanbieter-Extensions

Hier liegt der Hauptknackpunkt für die Alltagstauglichkeit – da viele Websites stark auf Drittanbieter-Erweiterungen setzen.

Positive Ansätze

  • Die offizielle Joomla-Ankündigung sagt worüber hinaus: „Most extensions will work seamlessly with the ‘Behaviour – Backward Compatibility 6’ plugin enabled.“  
  • Auch im Joomla Extensions Directory wird z. B. bei der Erweiterung Phoca Gallery explizit angegeben, dass sie „fully compatible with Joomla 5 … see Joomla 6“ ist, und läuft auf Joomla 6 ohne das Kompatibilitäts-Plugin.  
  • Einige Entwickler haben bereits explizit Joomla 6-Versionen ihrer Erweiterungen veröffentlicht bzw. in Arbeit. Beispiel: Blog-Beitrag von Weeblr: „Joomla 6-ready extensions available for testing … even if the Joomla 6 compatibility plugin is enabled“.  

Einschränkungen und Risiken

  • Direkt bei der Veröffentlichung wird gewarnt: „…it takes a little time before all third-party extensions and templates are fully adapted to the new version.“  
  • Weitergehend: Der Blogartikel von DJ-Extensions weist darauf hin, dass bei automatischen Updates Probleme auftreten können, wenn Drittanbieter-Extensions noch nicht kompatibel sind. „If you’re using multiple third-party components … enabling auto-updates can lead to compatibility issues or broken layouts when one plugin isn’t ready for the new version.“  
  • Wichtig: Der kompatibilitäts­Plugin übernimmt nicht alles — wenn eine Erweiterung nur für Joomla 4 geschrieben wurde (und nicht für Joomla 6 vorbereitet ist), kann sie brechen, auch wenn das Kompatibilitäts-Plugin aktiv ist. Beispiel: Weeblr Blog: „In other words, Joomla 4-only extensions will break on Joomla 6, even if the Joomla 6 compatibility plugin is enabled.“  
  • Templates: Ähnliches gilt für Templates und Frameworks — selbst wenn Core und Extensions kompatibel sind, kann das Template nicht mitgezogen haben.
  • Eigene Komponenten: Wenn Sie viele Eigenentwicklungen betrieben haben, müssen Sie auch prüfen, ob Ihre Komponenten intern APIs verwenden, die in Joomla 6 entfernt oder geändert wurden.

Alltagstauglichkeit: Für wen ist Joomla 6 aktuell geeignet?

Basierend auf den oben geschilderten Neuerungen und Kompatibilitätslagen lässt sich eine differenzierte Empfehlung abgeben:

Geeignet wenn …

  • Sie eine neue Installation planen und noch keine großen Abhängigkeiten von Drittanbieter-Extensions haben. In diesem Fall können Sie von Anfang an Joomla 6 einsetzen und profitieren von den neuen Features und längeren Support-Zeiträumen.
  • Sie hauptsächlich eigene Komponenten/Module einsetzen oder kontrollieren, also die Erweiterungen selbst betreuen bzw. entwickeln – so haben Sie den Vorteil, Kompatibilität selbst sicherzustellen.
  • Sie bereit sind, eine Test-/Staging-Umgebung zu nutzen, um den Umstieg sorgfältig zu prüfen, und nicht sofort blind ins Live-System springen.

Weniger geeignet / mit Vorsicht zu behandeln

  • Wenn Ihre Website stark von vielen Drittanbieter-Erweiterungen abhängt (z. B. Shop-Systeme, komplexe Module, viele Plugins), und Sie nicht sicher sind, ob alle bereits Joomla 6-kompatibel sind → Risiko besteht.
  • Wenn Sie ein Live-System mit kritischer Funktionalität laufen haben, bei dem Ausfälle oder Inkompatibilitäten schwerwiegende Folgen hätten — dann empfiehlt sich eine abwartende Strategie, bis die Extension-Ecosystem-Stabilität besser ist.
  • Wenn Templates oder Frameworks im Einsatz sind, die noch nicht für Joomla 6 vorbereitet sind — auch hier gilt: Risiko prüfen.

Empfehlung für Ihre Situation

Da ich weiß, dass Sie bereits eigene Joomla­-Komponenten (z. B. „Ticket SchulDesk“) und Module (z. B. Audio-Landingpage Modul) entwickeln und betreiben, lässt sich eine auf Sie zugeschnittene Empfehlung formulieren:

  1. Bestandsaufnahme
    • Machen Sie eine Übersicht Ihrer Extensions, Templates und Module: Welche Drittanbieter-Erweiterungen sind aktiv? Welche Versionen? Haben Sie eine Aussage des Herstellers zur Joomla 6-Kompatibilität?
    • Prüfen Sie Ihre Eigenentwicklungen: Verwenden Sie Joomla-APIs, die in Joomla 6 als „deprecated“ markiert oder entfernt wurden? Nutzen Sie Funktionen, die in Joomla 6 neu strukturiert sind?
    • Prüfen Sie Ihre Templates/Frameworks: Ist das Template (und ggf. Child-Template) bereits Joomla 6-fähig oder zumindest angekündigt?
  2. Testumgebung aufsetzen
    Richten Sie eine Staging-Installation mit Joomla 6 auf einer Kopie Ihrer Website ein. Aktivieren Sie dort das Plugin „Behaviour – Backward Compatibility 6“ und testen Sie sämtliche Funktionalitäten, insbesondere alle Drittanbieter-Erweiterungen, Eigenentwicklungen, Uploads, Modul-Logik, usw.
  3. Erweiterungen gezielt prüfen
    Für die wichtigsten Dritt­anbieter-Extensions (z. B. Shop, Formular-Tools, Membership, Ticketsystem) holen Sie Herstellerinformationen ein: Gibt es eine Joomla 6-Version? Gibt es bekannte Probleme? Andernfalls ggf. alternative Erweiterung in Erwägung ziehen.
  4. Planung des Upgrades
    • Wenn alle kritischen Erweiterungen kompatibel sind und Ihre Tests erfolgreich verlaufen: planen Sie das Live-Upgrade.
    • Falls noch erhebliche Unklarheiten bestehen: verschieben Sie das Live-Upgrade und bleiben Sie zunächst bei Joomla 5.x. Parallel bereiten Sie das Upgrade vor und identifizieren offene Aufgaben.
  5. Langfristige Strategie
    Setzen Sie auf eine Wartungsstrategie, bei der Sie künftige Joomla-Major-Releases frühzeitig prüfen — so vermeiden Sie einen großen Sprung mit vielen Risiken. In Ihrer eigenen Entwicklung sollten Sie Joomla 6-Kompatibilität von vornherein mitdenken: z. B. neue APIs nutzen, veraltete Funktionen vermeiden, Kompatibilitätstests einbauen.
  6. Kommunikation mit Ihren Kunden/Stakeholdern
    Falls Ihre Website Kunden oder Nutzer hat: kommunizieren Sie transparent, wann Sie auf Joomla 6 umstellen, welche Module betroffen sein könnten – und ggf. temporäre Beeinträchtigungen im Wartungsfenster.

Fazit

Ja — Joomla 6 kann bereits alltagstauglich sein, vor allem in neuen Projekten oder bei kontrollierten Umgebungen mit gut gepflegten Erweiterungen. Allerdings: Nein, es ist nicht (noch) uneingeschränkt risikofrei für jede Installation, insbesondere wenn viele Drittanbieter-Extensions im Einsatz sind oder Templates/Module noch nicht kompatibel.

Für Ihre Situation – mit eigener Komponente/Modulentwicklung – spricht vieles dafür, sich intensiv mit dem Umstieg zu befassen und ihn strategisch vorzubereiten. Allerdings sollten Sie nicht blind upgraden, sondern den Kompatibilitätsstatus Ihrer Extensions genau prüfen.

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